„Können wir ‚sichtbare Tragstruktur‘ schreiben – oder versteht das kein Mensch?“ Fragen wie diese tauchen in vielen Architekturbüros früher oder später auf. Wer plant, denkt präzise. Wer kommuniziert, muss übersetzen. Genau hier beginnt das Dilemma: Die Genauigkeit soll erhalten bleiben – aber die Inhalte sollen auch für Menschen verständlich sein, die keine Baupläne lesen.
In der Praxis führt das oft zu einem Spagat zwischen zu viel Fachsprache und zu viel Vereinfachung. Zwischen „Sichtbetonfassade mit exzentrischer Lastabtragung“ und „ein offen und robust gestalteter Baukörper“ liegen sprachliche Welten. Wie Sie diese Übersetzungsleistung relativ einfach bewerkstelligen und die dafür nötigen sprachlichen Brücken bauen können, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Fachlich korrekt oder verständlich? Die Antwort heißt: beides
Texte aus Architekturbüros müssen heute oft mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllen. Sie richten sich nicht nur an Kolleg:innen, sondern auch an:
- Bauherrschaften ohne Planungshintergrund,
- Gremien mit politischem Auftrag,
- die Presse mit begrenzter Zeichenanzahl,
- oder Nutzer:innen, die einfach nur verstehen möchten, was da gebaut wurde.
Kurz: Architekturkommunikation muss oftmals doppelt funktionieren.
Doch viele Texte neigen zu einem der beiden Extreme:
ZU TECHNISCH:
„Die Fassaden bestehen aus raumhoch verglasten Pfosten-Riegel-Elementen mit einem außenliegenden Sonnenschutzsystem.“
✅ präzise
❌ aber für Laien kaum nachvollziehbar
ZU WERBLICH:
„Transparenz, Klarheit und Licht bestimmen den Charakter der Fassade.“
✅ klingt freundlich
❌ aber bleibt inhaltsleer – was genau wurde gebaut?
Gute Texte bauen Brücken – zwischen Fachwelt und Öffentlichkeit
Was in solchen Fällen hilft, ist keine Vereinfachung, sondern eine klare Struktur. Ein bewährtes Prinzip: erst die Funktion, dann die Fachsprache.
So fühlt sich niemand überfordert – und auch niemand unterfordert.
Besser gelöst:
„Die Fassade ist vollständig verglast. Hinter der klar strukturierten Pfosten-Riegel-Konstruktion liegt ein außenliegender Sonnenschutz, der im Sommer Überhitzung verhindert.“
- Der erste Satz beschreibt das Wesentliche – einfach und verständlich.
- Der zweite Satz ergänzt das architektonische Prinzip.
- Beide zusammen zeigen: Architektur kann erklärt werden, ohne ihre Sprache zu verlieren.
3 Strategien für bessere Architekturtexte
- Zielgruppe konkret denken
Schreiben Sie wann immer möglich nicht „für alle“, sondern für eine klar umrissene Person: eine Bauherrin, einen Journalisten, einen Bewerber. Dann schreiben Sie automatisch verständlicher, ohne auf Präzision verzichten zu müssen. - Funktion vor Begriff
Nennen Sie zuerst, was etwas bewirkt – danach, wie es heißt. So entsteht Orientierung vor Technik. - Mut zur Sprache mit Haltung
Wer zu neutral schreibt, bleibt oft beliebig. Architekturbüros dürfen zeigen, wofür sie stehen – auch sprachlich. Das bedeutet eben nicht, dass Sie PR-Floskeln nutzen, sondern Sie schaffen: Klarheit, Orientierung und Substanz.
Fazit: Architektursprache darf fordern – aber nicht verschleiern
Wenn Sie für eine gemischte Zielgruppe schreiben, zählt nicht nur was Sie sagen – sondern wie Sie es aufbauen.
Architektur braucht sprachliche Präzision. Sie lebt von Fachlichkeit. Aber: Sie gewinnt Wirkung erst durch Verständlichkeit.
Wer erklärt, macht sich nicht kleiner – sondern zugänglicher. Wer gut strukturiert, bleibt glaubwürdig. Und wer sprachlich Brücken baut, erreicht mehr Menschen.
Wenn Ihnen intern dafür die Zeit oder das sprachliche Know-how fehlt, lohnt sich vielleicht ein professioneller Blick von außen. Gerne schreibe, lektoriere oder redigiere ich Texte für Sie. Hier finden Sie meine Leistungen für Architekten. >>
Eine kleine Auswahl bereits realisierter Projekte finden Sie in meinem Portfolio.
Eine Übersicht mit häufigen Problemen, Fragen und Lösungen rund um Architekturtexte finden Sie in meinem gerade entstehenden Bereich: Architekturkommunikation. >> Hier geht es unter anderem um folgende Themen:
- Verständlich sein und fachlich bleiben. Geht das überhaupt?“
- Warum den Nutzen eines Architekturprojektes kommunizieren? >>
- Mit wenigen Fragen eine klare Nutzenbeschreibung für jedes Projekt entwickeln – ohne Floskeln, aber mit Haltung >>
- Nutzenkommunikation in der Architektur mit Praxisbeispielen >>
- Online sichtbar sein – ohne die eigene Sprache zu verlieren >>