Nutzen kommunizieren: Architektur. Wichtiger als das Detail
Wenn Architektur sprachlich wirken soll, muss sie verstanden werden
Architekten reden gern über Entwurfskonzepte, Materialien, Typologien. Das ist mehr als verständlich – das sind schließlich die Werkzeuge ihres Alltags. Doch wer so kommuniziert, erreicht vor allem Kollegen. Für Bauherren, Nutzer, Öffentlichkeit oder Verwaltung bleiben oft genug Fragen: Worum geht es eigentlich? Was bringt dieses Gebäude – und wem? Hier kommt den Nutzen der Architektur kommunizieren ins Spiel.
Die zentrale Frage vieler Zielgruppen lautet nicht: Wie wurde das gebaut?
Sondern: Warum ist es gut, dass es gebaut wurde?
Darauf sollten Sie sich bei der Beschreibung von Architekturprojekten konzentrieren, denn: Wer den funktionalen und gesellschaftlichen Nutzen eines Projekts klar benennt, macht es anschlussfähig – nach außen wie nach innen. Trotzdem bleibt dieser Aspekt in vielen Texten leider vage oder ganz außen vor. Verständlich. Schließlich ist das (Be)Schreiben nicht das Kerngeschäft von Architekten. Dennoch: Das ist verschenktes Potenzial. Wie Sie das ändern können, lesen Sie in diesem Beitrag „Nutzen kommunizieren: Architektur. Warum er entscheidender ist als das Detail“ und zwei Folgebeiträgen.
Beschäftigen wir uns zunächst mit einigen grundlegenden Überlegungen.
Warum Nutzenkommunikation so wichtig ist
1. Bauherren wollen Sicherheit
Ob privat, gewerblich oder öffentlich – Bauherren wollen wissen, ob das Gebäude das leistet, was sie brauchen. Sie suchen (meist) keine formale Brillanz, sondern Funktionalität mit Haltung:
- Unterstützt die Architektur ihre Ziele?
- Passt sie zu den Nutzern?
- Schafft die Architektur Lebens- oder Arbeitsqualität?
Texte, die den konkreten Mehrwert sichtbar machen, stärken das Vertrauen. Und sie helfen, den Unterschied zwischen zwei ähnlichen Projekten zu erkennen – oder den Wert eines höherwertigen Konzepts zu rechtfertigen.
2. Öffentliche Projekte brauchen Legitimation
Gerade bei Schulen, Kitas, Kulturorten oder Verwaltungsbauten reicht es nicht, dass sie „schön“ oder „innovativ“ sind. Hier steht schnell die Frage im Raum: Warum war dieses Konzept richtig – für diesen Ort, für diese Gesellschaft, für diese Zeit?
Wer hier den sozialen, kulturellen oder ökologischen Beitrag überzeugend vermittelt, schafft Akzeptanz und Rückhalt.
3. Presse und Plattformen brauchen Einordnung
Redaktionen suchen keine technischen Beschreibungen, sondern Geschichten mit Relevanz. Warum wurde dieses Gebäude gebaut? Was ist daran neu, beispielhaft, übertragbar?
Nur wer den Nutzen klar benennt, wird auch eingeordnet. Und erhöht damit die Chance auf Sichtbarkeit in Medien, Büchern, Ausstellungen oder Rankings.
4. Mitarbeitende suchen Sinn
Und nicht zuletzt: Auch das Team will spüren, wofür es arbeitet. Wer den Nutzen formuliert, zeigt, dass Architektur mehr ist als Raumprogramm und Fassade. Das motiviert – und stiftet Identität.
Nach dem Warum der Nutzenkommunikation nähern wir uns nun (langsam) dem Wie.
Was Architekten konkret beschreiben sollten
Die Frage lautet also: Wie zeigt sich der Nutzen eines Projekts? Hier sind fünf Ansatzpunkte, wie Sie den Nutzen Ihrer Projekte in Texten konkreter und greifbarer machen können:
✔ Verbesserung von Lebens-, Lern- oder Arbeitsbedingungen
Welche konkreten Vorteile erleben die Nutzer? Mehr Tageslicht? Klarere Wegeführung? Raum für Rückzug oder Austausch?
✔ Beitrag zur Stadtentwicklung oder Quartiersbelebung
Was ändert sich im Umfeld durch das Projekt? Wurde eine Brache aktiviert, eine Verbindung geschaffen, ein Impuls gesetzt?
✔ Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung
Welche ökologischen Qualitäten bietet das Gebäude – über Labels hinaus? Wie wird Raum effizient genutzt, Material gespart, Energiebedarf gesenkt?
✔ Flexibilität, Barrierefreiheit oder soziale Integration
Wie inklusiv ist die Architektur? Für wen funktioniert sie – und in welchen Lebenslagen?
✔ Förderung von Begegnung, Rückzug oder Identität
Welche Rolle spielt das Gebäude für Gemeinschaft oder Selbstverständnis – z. B. in Schulen, Gemeinden, Unternehmen?
Wichtig: Nutzen ist kein abstraktes Buzzword. Er zeigt sich in konkreten Lösungen – und in den Effekten, die sie erzeugen.
Wie schreibe ich über den Nutzen?
- Beobachten Sie Nutzer. Was tun sie im Raum, was erzählen sie?
- Fragen Sie Auftraggeber. Was hat sich für sie durch das Gebäude verändert?
- Nutzen Sie Vergleiche. Was war vorher – was ist jetzt?
- Formulieren Sie einfach. Keine Fachbegriffe, keine Buzzwords. Nutzen will verstanden werden, nicht beeindrucken.
Ein Beispiel:
Vorher (technisch-abstrakt):
„Das Raumgefüge gliedert sich in drei Zonen mit differenzierter Belichtung und akustischer Optimierung.“
Nachher (fachlich und verständlich):
„Drei klar strukturierte Bereiche erhalten situations- und funktionsgerechtes Licht und Akustikdecken, die die Sprachverständlichkeit und den Hörkomfort verbessern und gleichzeitig Störgeräusche oder Nachhall minimieren. (EVENTUELL NOCH DEN NUTZEN ERGÄNZEN: Das ermöglicht konzentriertes Arbeiten, ruhige Pausen oder lebendige Begegnung.)“
Wirkung: Der zweite Text bleibt fachlich korrekt, aber gewinnt an Anschaulichkeit – und emotionaler Qualität
Fazit: Nutzen kommunizieren heißt Wirkung zeigen
Architektur ist mehr als ein gebautes Objekt. Architektur verändert Orte, Abläufe, Leben. Wer das beschreibt, macht den Wert der eigenen Arbeit sichtbar – für Laien wie für Profis.
Nutzenkommunikation schafft:
- Orientierung für Auftraggeber,
- Legitimation im öffentlichen Raum,
- Aufmerksamkeit in den Medien und
- Motivation im Team
Und vor allem: Sie macht deutlich, warum Architektur zählt.
Sie möchten den Nutzen Ihrer Projekte präziser kommunizieren?
Im nächsten Beitrag zeige ich, wie Sie mit wenigen Fragen eine klare Nutzenbeschreibung für jedes Projekt entwickeln – ohne Floskeln, aber mit Haltung. >>
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Über mich
Seit 2014 arbeite ich u. a. als freie Redakteurin für CUBE – Das lokale Magazin für Architektur, modernes Wohnen und Lebensart. Auch habe ich als Texterin im Bereich Architektur und nachhaltiges Bauen für das Gebäudeforum klimaneutral Texte verfasst, und dabei Nutzen, Herausforderungen, Ziele und Erfolge beschrieben.
Eine kleine Auswahl bereits realisierter Projekte finden Sie in meinem Portfolio.
Eine Übersicht mit häufigen Problemen, Fragen und Lösungen rund um Architekturtexte finden Sie in meinem gerade entstehenden Bereich: Architekturkommunikation. >> Hier geht es unter anderem um folgende Themen: